[GIG REVIEW] K.I.Z. @ Tonhalle, Munich, 05.12.2015



Dieser Artikel könnte Spuren von Ironie beinhalten:


Boom Boom Boom! 
Diese drei Wörter, welche auch den Titel eines Songs vom neuen Album „Hurra Die Welt Geht Unter“ darstellen, beschreiben das K.I.Z. („Kannibalen in Zivil“) Konzert in München wohl ziemlich treffend. Auch gibt es noch andere Waffen-Geräusche (zum Beispiel ratatata), um diesen glorreichen, stabilen und ehrwürdigen Gig, zu beschreiben. Damit es aber nicht nur bei Soundeffekten bleibt, sind hier ein paar Worte zu diesem Auftritt:
Die Karriere von K.I.Z. dauert mittlerweile seit über 15 Jahren an und auch dem einen oder anderem, der sie nicht intensiv hört, sind die 3 Rapper Tarek, Nico und Maxi sowie DJ-Craft in dieser Zeit sicherlich schon mal über den Weg gelaufen. Auftritte in Fernsehsendungen, das aktive Mitwirken bei der Satire-Partei „Die Partei“, der Red-Bull-Soundclash mit Kraftklub oder das legendäre „Konzert nur für Frauen“ (welches von Sendern wie dem ARD leider komplett falsch interpretiert wurde) sind nur eine kleine Anzahl an Aktionen, bei denen K.I.Z. auch die Aufmerksamkeit von Nicht-Fans erreichten. 

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Mit Hits wie „Ein Affe und ein Pferd“, „Urlaub fürs Gehirn“ oder „Neuruppin“ haben die Rapper den deutschen Hip-Hop revolutioniert, verwirrt und neu erfunden und dabei eine breite Masse an Fans für sich gesichert. Was zuerst klingt wie grober, schimpfwortgeladener Pöbel-Rap, enttarnt sich oftmals als wundervoll politisch angehauchter, tiefgründiger und interessanter Hip-Hop, dem es aber an Provokation und Satire nicht fehlt. Wer K.I.Z. verstehen will, muss also mehr als einen Song hören – und dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man sich in einer Menschenmenge wiederfindet, die zusammen mit den vier Herren den Text von „Du Hurensohn“ zur der sanften Melodie eines Michael-Jackson Songs singt und das im Nachhinein stolz den als den „Hip-Hop-Moment 2015“ bezeichnet. 
Das nach Ankündigung nahezu sofort ausverkaufte Konzert findet an einem Samstag-Abend in der Tonhalle München statt. In Relation zu K.I.Z's Reichweite ist die Halle fast zu klein, jedoch teilen wir die Meinung: je kleiner, desto besser. Nähe zur Bühne, zu den Künstlern und somit zur Musik ist bei großen Hallen wie beispielsweise dem Zenith oder dem Olympiastadion eher weniger vorhanden, deshalb sind wir sehr zufrieden mit der Location-Wahl. Nach einer ordentlichen Show der Vorgruppe „PTK“ spürt man schon die Spannung in der Luft, denn jeder kann es kaum erwarten. Das Licht geht aus, und es erklingen die seltsam verstörend-nervigen Klänge und Zeilen aus Duhastaufdeinenkokaturndeinegeistigbehinderteschwestergeficktmukke. Das Intro, welches auch das Intro vom „Ganz Oben“ Mixtape ist, gibt den Ton für den Rest des Abends an. Oft werden mit den Songs, die auf den ersten Blick wirken, als seien sie nur zum Pöbeln und Abgehen gedacht, durch seltsam-ironische und übertriebenen Texte gesellschaftliche Probleme angesprochen, bei denen eigentlich leider viel zu oft weggeschaut wird. Es folgen alte sowie neue Songs, vor allem mit „Da Geht Was“ und „Adolf Hitler“ wird schon in den ersten 30 Minuten richtig eingeheizt. Die Halle ist im Prinzip ein einziger riesiger Moshpit, jeder tanzt, springt und singt. Zwischendurch gibt es eine Ansage vom Podium aus, in der unter tosendem Applaus auf das unermessliche Wohlhaben der Münchner Fans hingewiesen wird. Auch „Neuruppin“ darf, unter vielen leuchtenden Feuerzeugen (und ungewöhnlich wenigen Smartphone-Lichtern), nicht fehlen. Danach verlässt K.I.Z. die Bühne, um mit dem Song „Wir“ zur Zugabe wieder zu kommen. „Es liegt an eurem geistigen Fassungsvermögen, wenn ihr bei K.I.Z. nicht lacht, ihr Amöben“. Herrlich - mehr muss man gar nicht sagen. Und so neigt sich das Konzert dem Ende zu, nochmal laut wird es mit „Hurra die Welt Geht Unter“, der Weltuntergangs-Hymne, die die Stimmung des neuen Albums am treffendsten wiedergibt. Doch zum Abschluss wird es mit „Du Hurensohn“, wie oben schon erwähnt, nochmal richtig melancholisch. Kein Witz! Ergreifender und komischer hätte es gar nicht werden können, als das München Publikum zusammen mit K.I.Z. diese Live-Version vom altbekannten Hit anstimmt. Sogar die härtesten unter den K.I.Z. Fans müssen angestrengt ihre Glücks-Tränen zurückhalten, während eine Mutter nach der anderen beleidigt wird.
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Wir verlassen mehr als zufrieden und verschwitzt dieses Konzert, das uns noch lange im Gedächtnis hängen bleiben wird. Es ist eine so seltsame Mischung aus Hip-Hop, Bier, Schweiß, Politik, Beleidigungen, Niveau und scheinbarer Niveaulosigkeit, Realness und Show, dass man diese nicht in einem Wort, Satz oder Text zu 100% beschreiben kann. 
Zwar hatten wir diesmal nicht unseren Fotografen dabei, jedoch haben sich genug Freunde gefunden, die netterweise das ein oder andere Bild für It’s All Indie übrig hatten.
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