Gig Review… Kraftklub @ Zenith, Munich, 19th March 2015


Kraftklub - Abriss wie immer. Mit der Ausnahme, dass es diesmal ein Abriss der Extraklasse war. Dies lag zum einen an dem (wie immer) partybereiten Münchner Publikum, zum anderen an der (wie immer) gut gelaunten Band, die für jede kranke Idee zu haben ist. Plus: eine verdammt atemberaubend-effektreiche und genial-durchdachte Bühnenshow. Einen überraschenden Show-Auftakt bekam die randvolle Zenithhalle mit dem Song 'Für Immer'. Hinter zugezogenem riesigen Kraftklub-Banner fing Karl, Sänger und Gitarrist, ganz leise und mysteriös an zu singen. „Ich bin für immer allein, für immer…“. Dann: ein lauter Knall, eine Hitzewelle, ein Schlagzeug. Das Banner fällt. Ab diesem Moment rasten die Leute für die nächsten zwei Stunden komplett aus. Nach dem ersten Song fühlt man eine Luftfeuchtigkeit wie im Amazonas, und man sieht Euphorie in jedem einzelnen Gesicht.

Nach dem beeindruckenden Intro geht es weiter mit den Songs „Eure Mädchen“ und „Ich will nicht nach Berlin“. Unter Kraftklub-Fans sind das schon lange Klassiker. Die ganze Halle bebt, sie ist randvoll und voller Energie. Ein Mosh bildet sich neben dem nächsten, Leute fallen (und stehen wieder wohlbefunden auf), crowdsurfen, singen, schreien, klatschen und schwitzen. Danach kommt „Mein Leben“ und Songs vom, im September erschienen, Album „In Schwarz“. Eine ungewöhnlich ruhige Version von „Hand in Hand“, die mit ganz vielen Handylichtern und Feuerzeugen begleitet wird, entfaltet sich zur puren Eskalation. Durch die sehr schicke Bühnenshow wirkt der Song über Widerstand und Protest noch gewaltiger. Nach ein paar weiteren Songs erlischt das Licht in der gesamten Halle. Langsam zieht sich ein roter Vorhang hinter den Musikern auseinander. Dahinter sieht man ein riesiges „K“ aufflackern. Mit einer, ich nenn es, Michael-Bay-Filmtrailer-Vibration, die einem alle Innereien verdreht, leuchtet der Buchstabe auf. Was folgt, ist ein Medley vom halben „Mit K“ Album“. Ritalin/Medikinet, Melancholie, Liebe, Zu Jung, Kein Liebeslied, Lieblingsband (Oh Yeah). Diese Songs werden in einem kombiniert, mit sich überschneidenden Texten und Melodien und verwirren auch so manchen Fan. „Welcher Song ist das jetzt?! Was singe ich bloß?!“. Jaja, aber Hauptsache Fan..

Als die Band die Bühne verlässt, schreit nach gefühlten 0,12434 Sekunden die Halle lauthals „Zugabe!“. Und die bekommt sie - auf sehr ungewöhnliche Art: Die Band steht auf der Licht- und Tontechnik „Insel“ inmitten der Menschenmasse, nur der Drummer ist auf der Bühne. So wird der Song „Deine Gang“ gespielt, und allen Anwesenden wird klar gemacht, dass man jetzt eine Gang ist, die es mit jedem aufnehmen kann, auch wenn sie nicht die muskelbepacktesten Drogendealer im Land sind. Danach kehrt die Band crowdsurfend wieder zurück auf die Bühne. Nach drei weiteren Songs hört das Münchner Publikum „Songs für Liam“, was mit Konfettiregen und einem Beatles-Cover endet. Aber noch immer geht Kraftklub nicht, einen müssen sie noch draufsetzten.
Denn als zweite Zugabe werden die Ausrast-Songs schlechthin gespielt: „Randale“ und „Scheissindiedisko“. Wir wissen zwar nicht, wessen Schwester es war, die diese „Randale in der Stadt“ verursacht hat, aber wir wissen: Ihr geht man lieber aus dem Weg. Und dann ist es auch vorbei. Nach zwei Stunden kompletter Ekstase ist ein unglaublich energisches, lautes, effektreiches und großartiges Konzert zu Ende.  
Zusammenfassend kann man dieser Show nur eine 10/10 geben. Alles im alten Kraftklub-Stil: laut, schwitzig, episch. Geil. Aber eben mit dem kleinen Bonus, das es hier alles gab, was man sich vorstellen konnte: Wettstagediven, Pytotechnik, Beatles-Cover, Konfetti-Regen und Telefonate mit Fans, die es nicht zum Konzert geschafft haben. Kaputte Knie Scheiben gab es auch, blutende Nasen und total fertige Menschen. Ein Tag, der ruhig in deutsche Rock-n-Roll-Indie-Rap-Geschichte eingehen könnte. 



Kraftklub spielte:
Für immer 
Eure Mädchen 
Ich will nicht nach Berlin 
Alles wegen dir 
Mein Leben 
Zwei Dosen Sprite 
Unsere Fans 
Meine Stadt ist zu laut 
Hand in Hand
Juppe ("K.I.Z. - Urlaub fürs Gehirn" snippet)
Irgendeine Nummer 
Blitzkrieg Bop (Ramones cover; with Playfellow)
Wie ich 
Ritalin/Medikinet / Melancholie / Liebe / Zu jung / Kein Liebeslied / Lieblingsband (Oh Yeah) 
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Deine Gang 
Blau 
Karl-Marx-Stadt 
Schüsse in die Luft 
Songs für Liam (mit "The Beatles - Hey Jude" snippet)
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Scheissindiedisko 
Randale 


Gig Review von Sascha Gontcharov
Fotos von Sascha Gontcharov (Instagram: @saschagon)